Man könnte sagen, eine Riva sei ein älteres, temperamentvolles italienisches Motorboot, das sich bei ruhigem Wetter für kurze Spritztouren zum Strand oder zum Sonnenbaden in der nächsten Bucht eignet. Man könnte genauso behaupten, Sophia Loren sei eine temperamentvolle ältere italienische Dame, die gut Nudeln kocht und sich zur Eröffnung von Filmfestspielen eignet. Beides ist nicht falsch, trifft aber den Kern der Sache nicht.
Vielmehr ist die Loren eine durchaus anbetungswürdige Filmdiva, die alles darstellt, was wir mit italienischer Rasse und Klasse verbinden. Genau wie eine Riva. Es gibt Männer, die verzehren sich nach ihr. In einem von gesichtslosen Plastikprodukten überschwemmten Bootsmarkt ist vermehrt ein Trend zum Erwerb von formschönen Klassikern aus Holz zu erkennen. Dafür nehmen Enthusiasten eine aufwendige Restaurierung in Kauf. Ja, sie ist sogar Ausweis von besonderer Individualität. Motorboote aus der Werft von Carlo Riva aus Sarnico am Lago d’Iseo sind die gesuchtesten Stücke auf dem Markt und werden mit bis zu 600 000 Euro gehandelt.
Zwischen 1951 und 1989 entstanden rund 4200 Rivas, von denen etwa die Hälfte noch existiert, in manchen Fällen nur noch als Bootsgerippe. Da jede Riva mit einer Werftnummer versehen und beim internationalen Riva-Club (www.rivahistorcal.org) registriert ist, läßt sich die Herkunft genau verfolgen. Rivas waren in den fünfziger und sechziger Jahren ein unverzichtbares Spielzeug der High Society und prägten die Häfen von St. Tropez, Cannes und Monte Carlo. Zu Riva-Kunden gehörten König Faruk und Präsident Nasser von Ägypten, Soraya von Persien, Prinz Rainier von Monaco und Filmstars wie Sophia Loren, Rita Hayworth, Richard Burton, Sean Connery und Peter Sellers.
Carlo Riva, heute 86 Jahre alt, suchte seinerzeit nach einem schnellen, luxuriösen Gefährt für die ruhigen, bei Urlaubern beliebten oberitalienischen Seen. Nach dem Vorbild des amerikanischen Cabriolet-Boots entwickelte er ein Speedboat, dessen harmonische, ja erotische Linien bis heute unerreicht sind. Man sitzt auf Kunstleder, wird von einer chromumfaßten Plexiglasscheibe geschützt und fühlt sich hinter dem autoähnlichen Steuerrad wie im Cockpit eines Straßenkreuzers. Den hinteren Teil des Boots gestaltete Riva als Liegewiese zum Sonnenbaden. Darunter wummerten für Chris-Craft marinisierte General-Motors-Benzinmotoren.
Riva-Rümpfe sind nicht nur formschön, sondern auch leicht und steif, denn Carlo Riva gehörte zu den Pionieren des formverleimten Bootsbaus. Mehrere dünne Lagen Mahagoni-Holz wurden verleimt und in die Rumpfform gepreßt. Die Rumpfschale schraubte Riva zur Versteifung auf ein Spantengerüst. Einzigartig sind die Chromverzierungen und -beschläge: silbrig schimmernde Lufthutzen, Bugverstärkungen, torpedoförmige Belegklampen, Scheinwerfer und der rivatypische Signalgeber auf dem Vordeck mit dem infernalischen Geheul einer Luftschutzsirene. Alle Chrom-Applikatonen hatte Carlo Riva selbst gezeichnet und anfertigen lassen. Vier Riva-Typen kamen nach und nach auf den Markt, Tritone, Ariston, Olympic und Aquarama.