Alexander Arnold
Constantine (Alec) Issigonis ist der Vater des MINI Classic.
Ende 1956 erhielt er von Leonard Lord, Chef der British Motor
Corporation (BMC), den Auftrag, so schnell wie möglich einen
"richtigen Kleinwagen" auf die Straße zu bringen. Issigonis war
von der Idee begeistert. Die Konstruktion eines perfekten
Kleinwagens gehörte schon immer zu seinen Lieblingsthemen. Nun
galt es, seine Vorstellungen am Zeichentisch zu entwickeln und
mit seinem Team umzusetzen. Seine Vision: ein viersitziger
Kleinwagen mit optimaler Raumausnutzung und gediegenem
Fahrkomfort, technisch und optisch völlig anders als alle
aktuellen Fahrzeuge und für jedermann erschwinglich.
Schuld an dem Projekt war ein Mann, der mit Autos überhaupt nichts zu tun hatte. Gamal Abd el-Nasser, Staatspräsident von Ägypten, verfügte am 26. Juli 1956 einen Monat nach Abzug der britischen Truppen aus der Suezkanalzone die Verstaatlichung der Kanalgesellschaft und sperrte die Wasserstraße. Briten und Franzosen, denen die Gesellschaft mehrheitlich gehört hatte, schickten zwar postwendend Fallschirmjäger an die künstliche Wasserstraße, aber diese blieb für einige Monate unterbrochen. Die Folge: Öl und Benzinpreise schossen in die Höhe, und England dachte daran, das Benzin auf zehn Gallonen pro Monat zu rationieren. Es sah so aus, als hätten langfristig nur sehr sparsame Autos Marktchancen.
Große Pläne mit
kleinem Budget
Das Ziel schien klar abgesteckt: die Entwicklung eines kraftstoffsparenden Kleinwagens in der großen Tradition des Vorkriegsmodells Austin Seven und des legendären Morris Minor. Da BMC zu diesem Zeitpunkt – wie vielen anderen Automobilherstellern auch – sehr begrenzte Finanzmittel zur Verfügung standen, achtete Lord darauf, sowohl die Entwicklungskosten niedrig, als auch die Entwicklungszeit kurz zu halten. Eine Bedingung für den künftigen Kleinwagen war deshalb, einen Motor aus der laufenden Produktion zu verwenden. Die British Motor Corporation (BMC) war 1952 durch den wirtschaftlich notwendigen Zusammenschluss britischer Automobilhersteller entstanden und führte unter anderem die Marken Austin, Morris, Riley und Wolseley.
Frontantrieb und Quermotor
Issigonis entschied sich für ein
Frontantrieb-Konzept mit quer stehendem Motor. Als Triebwerk kam
nur der so genannte Serie-A-Motor in Frage. Der Motor mit 948
ccm Hubraum, wie er im Morris Minor Verwendung fand, leistete 37
PS. Und das war immer noch mehr als genug: Ein erstes
Versuchsfahrzeug kam damit auf stolze 150 Kilometer pro Stunde
Höchstgeschwindigkeit, mit der das kleine Auto allerdings
heillos überfordert war: Weder Fahrwerk noch Bremsen waren für
derartige Belastungen ausgelegt. Also wurde die Leistung auf 34
PS reduziert, indem der Hubraum auf 848 ccm verkleinert wurde,
was immer noch beachtliche 120 km/h bedeutete. Auffallend – und
später charakteristisch – am MINI Classic waren die nach außen
gerichteten Blechfalze zwischen Kotflügeln und Karosserie. Der
Grund dafür war schlicht die Wirtschaftlichkeit: Die außen
liegenden Schweißnähte lassen sich produktionstechnisch
bedeutend billiger setzen. Zweites von außen sichtbares Zeichen
der kostenorientierten Produktion waren die ebenfalls außen
liegenden Türscharniere. Der minimalistischen Philosophie folgte
selbstverständlich auch die Innenausstattung: Zum Öffnen der Tür
diente ein schlichter Seilzug, vor Fahrer und Beifahrer spannte
sich statt eines Armaturenbretts eine kleine Ablage. In ihrer
Mitte saß als Zentralinstrument der Tacho mit Meilenzähler und
Benzinuhr. Darunter zwei Kippschalter für Scheibenwischer und
Licht, und das war’s dann auch schon – eine Heizung gab’s nur
gegen Aufpreis. Selbst das mit Chrom aufgewertete De-Luxe-Modell
blieb serienmäßig unbeheizt, bot dafür aber Teppichboden,
Lederapplikationen an den Sitzen und einen Aschenbecher.
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