Das Leichtgewicht: Ein Auto mit 600 Kilo
Etwa 600 Kilo wog ein MINI Classic in Serienausstattung, er
bot vier Personen ausreichend Platz und man durfte auch etwas
Gepäck mitnehmen. Wem der 195 Liter fassende Kofferraum nicht
ganz ausreichte, der konnte ja einfach die Klappe offen lassen –
weil die unten angeschlagen war, ließen sich sogar sperrigere
Güter darauf ablegen und einigermaßen sicher befestigen. Und das
war durchaus kein Geheimtipp, in Hochglanzprospekten wurde diese
erweiterte Ladekapazität farbenfroh präsentiert.
Am 26. August 1959 war es dann
soweit – der MINI Classic hatte Premiere. Und zwar in allen
Ländern gleichzeitig, in denen BMC vertreten war. Er kam
zunächst in zwei Varianten auf den Markt, als Morris Mini-Minor
und als Austin Seven, die sich allerdings nur im Kühlergrill, in
den Karosseriefarben und den Radkappen unterschieden. Dafür
stammten sie aus verschiedenen Produktionsstätten, der Austin
entstand in Birmingham, der Morris in Oxford. Später fertigte
BMC beide Versionen an beiden Standorten. In seinem Heimatland
kostete der MINI Classic 496 englische Pfund und war damit das
zweitpreiswerteste Auto auf dem Markt.
Preiswert aber nicht billig
Der "Incredible Austin Seven" –
das v stand auf dem ersten Werbefoto um 90 Grad gedreht – trat
gegen zwar teurere, aber in Europa bewährte Konkurrenz an: Den
Volkswagen, die Dauphine von Renault oder den Fiat 600. Das
legendäre englische Fachmagazin "The Autocar" attestierte dem
Neuling: "Die Mode bringt oft automobile Mißgeburten ans Licht
der Welt, doch wenn sich clevere und verständige Ingenieure mit
einem Thema beschäftigen, dann kann das Resultat auch
außerordentlich gelungen sein." Obwohl sich der britische
Neuling auch in der internationalen Fachpresse gut gegen die
Wettbewerber behaupten konnte, begannen die Verkäufe eher
verhalten. Für junge Käufer war er trotz seines günstigen
Preises noch zu teuer, für besser verdienende zu spartanisch. So
schrieb die deutsche Motor Revue 1960 über den Austin Seven im
Testrückblick: "Der weitaus interessanteste von allen (den Preis
ausgenommen). Deswegen ist dieser Wunderwagen (Gummifederung,
quer gestellter Vierzylindermotor, Motor und Getriebe in einem
Ölsumpf, billige 10-Zoll-Reifen, ungewöhnlich großer Innenraum,
kleine Verkehrsfläche) bei uns nicht zu sehen. Der Wagen hätte
es anders verdient, denn bei uns wird oft für mehr Geld
Unvollkommeneres gekauft – aber unserem Käuferpublikum fehlt der
klare Blick." 5.780 DM kostete der MINI Classic damals beim
Importeur – einen Volkswagen gab’s vergleichsweise für 4.600
Mark, den nagelneuen BMW 700 Sport für 5.650 DM.
Starthilfe von der Queen
Selbst die Tatsache, dass man nur eine Parklücke von rund 3,50
Meter brauchte, um die drei Meter und fünf Zentimeter MINI
Classic Länge einzufädeln, zog nicht so sehr wie erhofft. Doch
dann entdeckte die Londoner Schickeria den flotten Flitzer,
allen voran Lord Snowdon, Gemahl von Prinzessin Margaret. Auch
deren Schwester, die Queen persönlich, ließ sich von Alec
Issigonis den MINI Classic in einer Probefahrt vorführen, was
dem Kleinwagen dann endgültig das nötige Image sicherte. Auch in
den USA wurde man neugierig auf den Winzling aus Europa und
empfing ihn mit Wohlwollen. So urteilte eine führende
US-Fachzeitschrift 1960: "Der Austin ist das wohl kleinste
vollwertige
Automobil
der Welt. Wir müssen zugeben, dass man zu viert keine
Platzprobleme kennt, man sitzt sogar besser als in einem der
großen einheimischen Fahrzeuge. Und obwohl er sehr viel Spaß
macht, ist er trotzdem ein sehr reales Automobil, gut gemacht
und mit großen Möglichkeiten."
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